"Interferenz - Performance"


Eine Performance als ein Fest für beide Sinne; für Auge und Ohr. Musik und Grafik entstammen aus demselben Bereich des menschlichen Lebens, den wir Kunst nennen. Wir sind daran gewöhnt, dass dieser Bereich Kunst in verschiedene Künste unterteilt ist. Die jeweiligen Elemente der Künste, seien es heute hier Klänge und Linien fügen sich in einem freien, zwecklosen Spiel zu Formen. So verschieden die Wahrnehmung der fertigen Werke sein mag, so sind sie doch in ihrem Entstehen den gleichen Bedingungen unterworfen. Musik und Grafik entstehen beide in einem zeitlichen Prozess aus der Bewegung heraus.
Der Philosoph Georg Picht spricht in seinem Werk "Kunst und Mythos" darüber, dass jede Linie die grafische Darstellung eines Bewegungsablaufes ist. Linien haben immer die magische Kraft von Bannformeln, denn sie halten die eingefangenen Gesten fest und lassen sie niemals mehr los.
Die innere Spannung eines solchen Bewegungsablaufes manifestiert sich in dem Rhythmus dieser Bewegung.
"Bewegungen verlaufen durch den Raum, aber sie verlaufen in der Zeit. Den Rhythmus können wir nach den Parametern des Raumes überhaupt nicht mehr darstellen. Rhythmus ist ein rein zeitliches Phänomen, obwohl wir Rhythmus auf jedem Bild durch unser Auge wahrnehmen können. Mit anderen Worten: jenes Vakuum, als dessen Darstellung uns die Fläche zunächst erscheint, ist, wie sich an den Spannungsverhältnissen zeigt, nicht Raum sondern in der Umgrenzung der Fläche gleichsam gebannte Zeit.
Dadurch, dass dieses Vakuum Zeit ist, gewinnt die Fläche jene potentielle Tiefendimension, in die der Zeichner mit seinem Griffel vordringt. Jede Kurve, die er zieht, beschwört durch ihren Rhythmus die in der Zeit latenten Energien."

Die Zeit ist auch der Horizont, an dem die Musik erscheint. "Das, was im Hören wahrgenommen wird, weil es sich in Geräuschen und Klängen manifestiert, nämlich in Kräften und Potenzen, ist zeitlich. Zeitlich ist aber auch der Mensch, der sich im Hören selbst als eine unbekannten Möglichkeiten ausgesetzte Potenz erfährt. Zeitlich ist schließlich der Klang selbst (...). Die Wahrnehmung des Hörens tritt nirgends aus dem universalen Horizont der Zeit heraus. Hier ist alles zeitlich, und das heißt, hier ist alles Bewegung."

Indem sich alle Beteiligten in einen gemeinsamen Prozess hineinbegeben, in welchen sie sich den Energien und inneren Bewegungen öffnen, diese erspüren und sich den unbekannten Möglichkeiten aussetzen, entsteht eine Verbindung der beiden Künste, eine gemeinsame Grundlage, aus der heraus die jeweiligen Ausformungen dieses inneren Prozesses geschehen. Diese trennen sich wieder in die verschiedenen Bereiche der Wahrnehmung durch das Auge und das Ohr in Linien und Klänge.

Karoline Schulz


Mitwirkende:
Karoline Schulz (Flöten)
Chris Weinheimer (Viola, Flöten)
Frank Dresig (Piano, Akkordeon)
als Gast: Ynez Neumann, Berlin (Grafik)

gefördert von der Kulturförderung der Landeshauptstadt Dresden
13. 3. 2008, Blaue Fabrik, Dresden

Neue Dresdner Kammermusik