Sinn - Funktion


Wer Musik praktiziert, kennt eine oft wiederkehrende Bemerkung seitens der Hörer: "ich verstehe ja nichts von Musik, aber...". Was ist das für ein dahinter stehender Prozess, "(von) Musik (etwas) verstehen" und vor allem: was bedeutet dieses "aber.."? John Cage hat etwas provokativ unterschieden zwischen Musik, die er "gebrauchen" kann und z.B. Musik, die ihn am "Umherschauen hindert". Was ist der Sinn, den es zu verstehen gilt? Wozu kann ich Musik gebrauchen, also: was ist ihre Funktion für mich?

Schon das Umreißen des Begriffes Sinn scheint äußerst schwierig. In der Diskussion über Begriffe und ihren Sinn gibt es die Idee, dass der Sinn eines Wortes ausschließlich aus seinem Gebrauch zu erkennen sei. Was bei dieser Überlegung passiert, ist, dass der betrachteten Struktur (in diesem Falle der Sprache) eine andere übergeordnet wird (in diesem Falle die der Interaktion/Kommunikation). Wenn in dieser übergeordneten Struktur das beobachtete Faktum eine Funktion zeigt, das heißt: wenn das Wort "Apfel" dazu führt, das mein Gegenüber mir einen Apfel gibt und ich damit zufrieden scheine, so funktioniert das Wort Apfel auf der Ebene der Kommunikation, es erfüllt dort eine Funktion. Damit ist sein Sinn, seine Bedeutung auf der Sprachebene festgelegt. Wenn wir versuchen, mit dieser Definition an Musik heranzugehen, entstehen automatisch einige interessante Fragen. Unter anderen stellen sich Fragen nach dem Sinn des Phänomens Musik als ganzem, nach den verschiedenen Arten funktionaler Musik ("Gebrauchsmusik"), oder der Möglichkeit von "absoluter", also explizit nicht-funktionaler Musik. Es stellt sich auch die Frage, ob nicht der Hörer eben Zugang zu der übergeordneten Struktur erhalten müsste, um Musik zu "verstehen", ob die Macher selbst überhaupt eine solche haben (müssen/sollen/dürfen); und wenn nicht, ob das die geschilderte Beobachtung unmöglich oder nutzlos macht. Wir möchten unter Zuhilfenahme auch fremder Musik, von Zufallsoperationen und dem Medium Film diesen Fragen nachgehen.

Chris Weinheimer